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Laien und Hauptamtliche – Ein Beitrag zum Kirchenjubiläum (2023)

Im folgenden Beitrag betrachtet Eleonore Reuter das Verhältnis zwischen Laien und Hauptamtlichen. Ein scheinbarer Gegensatz, der aber genau betrachtet keiner ist. Sie spannt einen Bogen von vor hundert Jahren bis in die heutige Zeit und wirft einen Blick in die Zukunft. Lesen Sie, was sie zu diesem Verhältnis zwischen Laien und Hauptamtlichen zu sagen hat:

Laien und Hauptamtliche

Der Titel dieses Beitrags führt in die Irre: Hier bilden zwei Wörter ein Paar, die kein Paar sind. Wollte man das Miteinander der verschiedenen Personen in der Gemeinde überschreiben, könnte man von Laien und Klerikern, Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen sprechen. Aber auf den zweiten Blick wird genau an dieser Überschrift eine Entwicklung deutlich, die für das Leben der Kirchengemeinde wichtig ist. 

In der Alltagssprache sind Laien das Gegenteil von Profis. Oft wird das Wort sogar abschätzig gebraucht. Eine Arbeit, die laienhaft ausgeführt ist, ist bestenfalls akzeptabel, nicht aber „fachgerecht“ ausgeführt. Dafür sind die Profis mit ihrer fachlichen Kompetenz, die sie in ihrer Ausbildung erworben haben, zuständig. Im katholischen Sprachgebrauch dagegen sind alle Getauften Laien, es sei denn, sie sind aufgrund der Weihe Kleriker. Frauen sind grundsätzlich Laien, weil sie aufgrund ihres Geschlechts von der Weihe ausgeschlossen sind. Dementsprechend sind auch viele Menschen, die beruflich in der Pastoral arbeiten, Laien.  

Keine Laien sind nur die Kleriker, also Diakone, Priester und Bischöfe.

Hauptamtliche sind alle, die mit der Arbeit in der Seelsorge ihren Lebensunterhalt verdienen. Unabhängig von der Weihe ist damit also das gesamte pastorale Personal gemeint, und zwar Laien und Kleriker. Hauptamtliche Laien sind die Gemeinde- und Pastoralreferenten und -referentinnen und die Sozialarbeiterinnen in unserer Pfarrei.

Ehrenamtliche sind all diejenigen, die ihre Zeit und Arbeit für die Gemeinde „opfern“, ohne dafür bezahlt zu werden. Auch das gilt wieder für Geweihte und Nichtgeweihte, denn manche Diakone haben einen Zivilberuf und oft sind Priester im Ruhestand ehrenamtlich tätig. Die Laien bilden aber zahlenmäßig bei weitem die größte Gruppe der Ehrenamtlichen. Das fängt mit den Gremien Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand an, geht über Vorstandsmitglieder bei Kolping, kfd oder MuMM und hört bei Chorsängern und -sängerinnen, Kuchenbäckern oder Messdienerinnen noch lange nicht auf. Denkt man einmal an alle, die unscheinbare, kleine Dienste tun, ohne die aber die Gemeinde nicht existieren würde, wird schnell deutlich, wie wichtig diese Menschen sind. Sie alle sind Laien! 

Von hierher gewinnt die Überschrift eine neue Bedeutung. War vor 100 Jahren noch das Gegenüber von Pfarrer (Hauptamtlicher) und Gemeindemitgliedern (Laien) klar, ist die Situation heute vielfältiger. Auf Fotos kann man oft nur dann erkennen, wer Kleriker, wer Laie, wer ehrenamtlich, wer hauptamtlich tätig ist, wenn man die Personen und ihre Rollen in der Kirche kennt. Die Zukunft der Gemeinde hängt von der Kooperation der hauptamtlichen Profis mit den ehrenamtlichen Laien und ebenso von der Kooperation der Kleriker mit den Laien ab. Ohne professionelles Know-how geht es genauso wenig wie ohne das Engagement der gar nicht so laienhaften Ehrenamtlichen.  

Nicht nur in der Kirche, in der ganzen Gesellschaft ist ehrenamtliche Arbeit für den sozialen Zusammenhalt unverzichtbar. Gleichzeitig wird es aber in den letzten Jahren immer schwieriger, Menschen zu finden, die bereit sind, im Großen oder im Kleinen freiwillig zugunsten anderer zu arbeiten. Frauen, deren Kinder „aus dem Gröbsten raus“ waren, haben noch vor wenigen Jahren die Hauptlast ehrenamtlicher Arbeit getragen. Heute tragen sie die Last ihrer Berufstätigkeit. Gab es früher – vor allem auf dem Land – wenig Angebote für Freizeitaktivitäten, kann man mittlerweile aussuchen, was am besten gefällt. Was könnte Menschen also bewegen, sich in der Gemeinde und für die Gemeinde in ihrer Freizeit zu engagieren, zumal für eine Institution, deren Ansehen in der Öffentlichkeit immer schlechter wird?  Untersuchungen haben gezeigt, dass ehrenamtliche Arbeit attraktiv wird, wenn sie gleichberechtigt mit gegenseitigem Respekt und Achtung, wenn sie selbstständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden kann. Das gilt auch für ehrenamtliche Arbeit in der Kirche. Zentrale Werte, die Ehrenamtliche brauchen, sind Anerkennung und Wertschätzung. Wenn es den „alten Hasen“ gelingt, auf „Neue“ zu hören, eine Willkommenskultur zu pflegen und sie erfahren zu lassen, dass ihre Arbeit sinnvoll ist, dann hat Ehrenamt eine Zukunft. Auch in der Kirchengemeinde von Icker und Vehrte. 

Eleonore Reuter 

 Dieser Text findet sich in leicht abgewandelter Form in der Jubliäumsschrift „Ihr seid die lebendigen Steine - 100 Jahre Kirche Icker“. Wer mehr zur Entwicklung der Gemeinde und der Kirche zwischen 1923 und 2023 erfahren will, kann die Festschrift im Pfarrbüro zum Preis von 19,80 € kaufen.

Prof.in Dr. Eleonore Reuter war bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand 2022 Professorin an der Katholischen Hochschule Mainz. Nach dem Studium der Theologie an der Rheinischen Friedrichs-Wilhelms Universität Bonn promovierte sie 1992 und war von 2008 Professorin an der Katholischen Hochschule in Mainz. Seit 1998 wohnt und lebt sie in Icker.